Malen lernen - kann das jede*r?

Malen lernen kann eine der ältesten und vielfältigsten Formen der kreativen Selbstentfaltung sein. Es eröffnet die Möglichkeit, Emotionen, Gedanken und Träume auf Leinwand oder Papier festzuhalten. Doch wie beginnt man mit dem Malen, und ist es wirklich jeder Person zugänglich? Dieser Artikel gibt dir einen Einblick in die Welt des Malens, von den grundlegenden Techniken bis hin zur Entfaltung deines persönlichen Stils.


von Thuli Wolf

Kann jede*r malen lernen?

Die gute Nachricht ist: Ja, grundsätzlich kann jede*r das Malen lernen. Es gibt weder Altersbeschränkungen noch speziellen Voraussetzungen, um mit dem Malen zu beginnen. Selbstverständlich ist es für Kinder oft leichter, das Malen zu erlernen. Das liegt nicht zuletzt an ihrer erhöhten Neuroplastizität - also der Fähigkeit des Gehirns, seine Struktur und Funktionen an gewisse Anforderungen anzupassen.

Zudem sind Kinder viel unvoreingenommener, was ihren eigenen künstlerischen Ausdruck betrifft. Wem noch kein fehlendes Talent bescheinigt wurde, scheut sich auch weniger davor, etwas zu wagen. Doch auch für Erwachsene ist das Malen lernen keineswegs aussichtslos. Der Glaube an das eigene Potenzial und die Freude am kreativen Ausdruck sind dabei für den Erfolg entscheidend.

Braucht man zum Malen Talent?

Du hast bestimmt schon einmal staunend vor Bildern von hochtalentierten Maler*innen gestanden und dich gefragt, wie um alles in der Welt sie das hinbekommen haben? Wenn es um außergewöhnliche Leistungen geht, sprechen wir häufig von „Talent“ oder „Begabung“ und meinen damit eine angeborene Fähigkeit, eine außergewöhnliche Leistung zu erbringen. Talent hat man oder nicht. Aber ist das wirklich so?


Der Begriff Talent stammt ursprünglich aus dem Altgriechischen und beschrieb eine Geldeinheit, also ein wirtschaftliches Vermögen. Wenn man also damals von Talent sprach, meinte man, dass jemand aufgrund von wirtschaftlichen Vorteilen, eine Leistung erbringen konnte. Talent war also erworben, nicht etwa angeboren. Erst im Christentum wurde der Begriff idealisiert und als eine „von Gott gegebene Gabe des Geistes“ deklariert und wurde seit jeher als Geschenk verstanden. 

Es gibt jedoch weitere Theorien zum Talent, unter anderem von dem Psychologen Anders Ericsson, der von einem erlernten Talent sprach. Alles, was es seiner Meinung nach zu Höchstleistung bräuchte, sei Übung. Und zwar nicht wenig. 10 Jahre bzw. 10.000 Stunden Übung müsse investiert werden, um eine Fertigkeit zu meistern, um der oder die Beste zu werden.


10.000 Stunden in das Malen lernen zu investieren, mag dir jetzt vielleicht unmöglich erscheinen. Es soll dich keinesfalls entmutigen. Im Gegenteil: Was Ericsson nämlich damit sagen will, ist das Talent nicht allein auf genetische Veranlagungen zurückzuführen ist, sondern viel mehr auf Übung und Hingabe beruht. Genau so ist es beim Malen lernen.


Doch Malen lernen hat noch einen weiteren Vorteil. Ob ein Werk gelingt oder nicht, ist in hohem Maße subjektiv. Es gibt also de facto kein „richtig“ oder „falsch“. Vielmehr geht es darum, deinen ganz persönlichen Ausdruck zu finden.

Die Basics der Malerei

Trotzdem hilft es natürlich, ein paar grundlegende Konzepte der Malerei zu verstehen. Dabei spielt vor allem die Wahl der richtigen Farben eine entscheidende Rolle. Gouache- und Acrylfarben sind gängige Optionen, aber auch Aquarell und Pastellkreide bieten vielfältige Möglichkeiten. Ölfarben dagegen empfehle ich Anfänger*innen eher nicht, da sie in der Handhabung etwas komplizierter sind.

Zusätzlich bietet es sich an, einen Überblick über die Farbtheorie zu erlangen, verschiedene Maltechniken und Kunststile kennenzulernen, und zu verstehen, wie Farben interagieren und harmonieren. Betrachte auch, wie sich Licht und Schatten verhalten, um Tiefe und Volumen zu erzeugen. Besonders für realistische und figürliche Malerei benötigst du ein gutes Auge. Beobachte deine Umgebung und achte darauf, wie sich Formen und Farben verhalten und welchen Einfluss Lichteinstrahlung spielt.

Den eigenen Stil finden

 

Das ein eigener Stil bedeutend ist, habe ich bereits erwähnt - ob du nun Zeichnen lernen oder Malen lernen willst. Möchtest du realistische Bilder malen oder lieber abstrakte Kunst kreieren? Beide Ansätze bieten Freiheiten und haben ihre Herausforderungen. Realismus erfordert Aufmerksamkeit für Details, während Abstraktion Raum für Interpretation und Ausdruck bietet. Um herauszufinden, welcher Stil zu dir passt, kommst du nicht darum herum, zu experimentieren und unterschiedliche Dinge auszuprobieren

Das richtige Mindset 

 

Das richtige Mindset ist entscheidend, um erfolgreich etwas zu lernen. Ein wachstumsorientiertes Lern-Mindset beinhaltet Glauben an sich selbst, Offenheit für Neues, Geduld und Ausdauer, Disziplin und Organisation. Es erfordert positive Gedanken, Resilienz bei Rückschlägen und die Fähigkeit, klare Ziele zu setzen und zu verfolgen. Die Kombination dieser Aspekte beeinflusst maßgeblich deinen Lernerfolg beim Erlernen malerischer Fähigkeiten. 

 

Aber auch der psychologische Aspekt des Malens ist entscheidend. Malen kann therapeutisch sein und dazu beitragen, Emotionen zu verarbeiten. Dafür brauchst du Offenheit und Achtsamkeit gegenüber den Erfahrungen, die du mein Malen machst. Fokussier dich nicht zu sehr auf das Endergebnis, sondern genieße den kreativen Prozess. Lass deine Gedanken fließen, beobachte, was innerlich in dir vorgeht und akzeptiere „Fehler“ als Teil deines Lernprozesses

Die ersten Schritte für Anfänger*innen

 

Die ersten Schritte beim Malen lernen sind aufregend. Hol dir die grundlegenden Materialien, darunter Farben, Pinsel, Leinwand oder Papier, Mischpalette und Wasserbehälter. Ein „Einsteigerset" kann hilfreich sein. Experimentiere mit Farbmischungen, Pinselstrichen und Schattierungen, um die grundlegenden Techniken zu erlernen. Ich rate dir, mit einer kleinen Auswahl an Farben und Pinseln zu starten und deine Sammlung nach Bedarf zu erweitern. 

Verschiedene Maltechniken

 

Es gibt verschiedene Maltechniken, darunter: 

 

  • Gouache und Acrylmalerei: Trocknet schnell, vielseitig und ideal für Anfänger. 
  • Ölmalerei: Langsam trocknend, bietet reiche Farbnuancen und Textur. 
  • Aquarellmalerei: Transparente Farben, erfordert Präzision und Kontrolle. 
  • Pastellmalerei: Kreidestifte in vielen Farben, ideal für Porträts und Landschaften. 
  • Mixed Media: Kombination verschiedener Materialien und Techniken. 

Die inneren Prozesse beim Malen

Malen ist mehr als nur das Auftragen von Farbe auf eine Fläche. Es ist ein Akt der Selbstreflexion und des intuitiven Ausdrucks. Emotionen, Gedanken und Erfahrungen fließen in jedes Kunstwerk ein. Lerne, diese inneren Prozesse zu nutzen, um deine Kunst mit Tiefe und Bedeutung zu füllen.


Das Malen zu lernen ist eine Reise der Selbstentdeckung und der kreativen Entfaltung. Es erfordert Zeit, Geduld und Hingabe, aber die Belohnungen sind es wert. Glaub an dich, experimentiere und entwickle deinen eigenen Stil. Malen ist eine einzigartige Möglichkeit, deine Gefühle und Gedanken auszudrücken und deine innere Welt zu erkunden. Mach den ersten Schritt und beginne deine malerische Reise noch heute.

 

Wenn du Unterstützung bei diesem Prozess brauchst, kann es auch helfen, in einen meiner Workshops zu kommen. Hier bekommst du ein besseres Gefühl für den Prozess und kannst erleben, wie du selbst durch den künstlerischen Ausdruck wachsen kannst und ein tieferes Verständnis für deine psychischen Prozesse erlangst. Außerdem erfährst du, wie du durch Malerei aktiv zur Lösung deiner inneren Konflikte beitragen kannst

verwendete Quellen:

  • Ericsson, Anders und Pool, Robert: Peak - Secrets from the New Science of Expertise
  • Siefer, Werner: Das Genie in mir: Warum Talent erlernbar ist


Fotocredits:

©Pauline Bossdorf
©Thuli Wolf